Hasselborn
Im Jahre 1699 siedelte Fürst Walrad von Nassau und Usingen 16 Hugenottenfamilien im jetzigen Hasselborn an. Wasser fanden die Siedler im unterhalb des Dorfes liegenden Brunnen, der mit Haselnuss-Sträuchern bewachsen war und folglich der neuen Siedlung seinen Namen gab: »Haselborn«. Hasselborn wurde erstmals am 9. Dezember 1699 im Proklamationsbuch der Kanzlei zu Usingen erwähnt. Datiert im Jahre 1705 wurde den neuen Siedlern in Hasselborn der Freiheitsbrief gegeben. Das Original ist in französischer Sprache abgefasst. Viele Steine gab es und wenig Brot. Dies mag auch der Grund sein, dass die Reformierten in Hasselborn keine Kirche bauten.
Sie blieben Filiale der Muttergemeinde Usingen-Neustadt, wo der größte Teil ihrer Leidensgenossen der Stadt einen neuen Teil angefügt und darin eine reformierte Kirche gebaut hatten. Der kärgliche Boden machte den Siedlern allerhand zu schaffen. Die Freijahre waren um und Abgaben drohten. Es war nicht verwunderlich, dass mancher Hasselborner schon wieder früh eine neue Heimat suchte. So zogen 1716 die ersten Hugenotten wieder von Hasselborn fort. Die frei werdenden Hofstellen wurden durch Aushang in den Dörfern des Fürstentums bekannt gegeben. Siedler aus allen Gegenden fanden sich ein und schufen in Hasselborn ein Gemeinwesen, dessen Gesamtcharakter sich heute noch von dem der umliegenden Dörfer mit teilweise uralten bodenständigem Volkstum merklich abhebt.
Die neuen, nicht reformierten, sondern lutherischen Anwohner gehörten zur Kirche in Grävenwiesbach. Im Jahre 1788, also 88 Jahre nach ihrer Ansiedlung, haben die letzten Hugenotten Hasselborn verlassen. Die wirtschaftliche Lage blieb aber auch für die neuen Hasselborner schlecht. Die fürstliche Regierung ist über allen Bittgesuchen Hasselborner Bürger ihres Lebens nicht froh geworden, so dass die Akten des Jahres 1803 den ernsthaften Plan melden, das Dorf Hasselborn verschwinden zu lassen und die Gemarkung wieder aufzuforsten. Während des 19. Jahrhunderts wanderten viele Hasselborner wegen der schlechten Erwerbsmöglichkeiten nach Amerika aus oder fanden als Landgänger ein Auskommen. Mit dem Bau der Eisenbahnlinie Grävenwiesbach-Albshausen und dem 1300 m langen Tunnel zwischen Grävenwiesbach und Hasselborn in den Jahren 1910 bis 1912 verbesserte sich die wirtschaftliche Lage der Hasselborner. Viele fanden im Raum Wetzlar eine Arbeitsstätte. Die Landwirtschaft in Hasselborn wurde mehr und mehr als Nebenerwerb betrieben. Bis 1932 gehörte Hasselborn verwaltungsmäßig zu Usingen, ab 1932 zum Kreis Wetzlar. Trotz Anschluss der Bahnlinie verfiel der abgeschiedene Ort in einen Dornröschenschlaf. 1938 zählte Hasselborn 120 Einwohner.
1940 wurde Hasselborn aus seinem Schlaf gerissen. Hasselborn wurde Standort des »Oberkommandos der Luftwaffe« unter Hermann Göring. Die Nazis hatten in der Nachbarschaft zum Führerhauptquartier und Oberkommando der Wehrmacht Adlerhorst in Ziegenberg die sichere Abseitslage des Ortes erkannt und hier Holzblockhütten sowie zwei Schwimmbäder errichtet. Ab 1943 wurde ein Teil der Wehrmachtsbaracken als Entwicklungsabteilung der VDM-Luftfahrwerke genutzt. Der Tunnel diente als Produktionsstätte. Nach 1945 wurde Hasselborn zum zweiten mal Zufluchtsort für Heimatvertriebene und Evakuierte. Bedingt durch die aus Kriegszeit vorhandenen Unterkünfte und Baracken kamen 200 neue Bewohner. Von 120 Einwohner vor dem Krieg stieg die Einwohnerzahl schlagartig auf 323. Kein Wunder, dass auch die einklassige Schule zu klein wurde. 1950 entstand eine neue Schule, die heute als Dorfgemeinschaftshaus genutzt wird.